Gewässerentwicklung braucht Fläche –
Zukunftsfähige Landnutzung durch Ländliche Entwicklung!

42. Bundestagung vom 12. bis 14. Oktober 2022 in Koblenz, Rheinland-Pfalz

von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Thiemann, Vorsitzender der DLKG

Mit dem Thema "Gewässerentwicklung braucht Fläche – Zukunftsfähige Landnutzung durch Ländliche Entwicklung!" hat die Deutsche Landeskulturgesellschaft (DLKG) auf ihrer 42. Bundestagung, welche vom 12. bis 14. Oktober 2022 in Koblenz stattfand, eine drängende Herausforderung in der Kulturlandschaftsentwicklung aufgegriffen und sich mit dem Schutz sowie der Renaturierung der Fließgewässer einschließlich ihrer Auen intensiv auseinandergesetzt. Auf der Jubiläums-Bundestagung „40 Jahre DLKG“ vom 5. bis 7. Juni 2019 in Rendsburg stand vor drei Jahren bereits der Boden- und Grundwasserschutz im Zentrum der Betrachtung, sodass die diesjährige Tagung schwerpunktmäßig den Fließgewässern gewidmet war.

In diesem Kontext ist auch die Anpassung der Kulturlandschaften an die Erfordernisse des Klimawandels zu nennen. Nach den vorliegenden Prognosen werden die Jahresniederschläge in Mitteleuropa in etwa gleichbleiben. Es ist jedoch eine Verschiebung der Regenmengen regional unterschiedlich um bis zu 40 % von den Sommer- in die Wintermonate zu erwarten. Dies führt dazu, dass in den zunehmend milderen Wintern ohne Schnee als Niederschlagspuffer und Bodenschutz vermehrt Hochwasserereignisse und Erosionserscheinungen auftreten werden. Ferner nehmen die Wetterextreme, insbesondere Sturm, Hagel und Regen, zu, sodass auch in den trockeneren Sommern mit Starkniederschlägen und Überschwemmungen zu rechnen ist. Die Klimaanpassung erfordert also sowohl Maßnahmen zur Wasserrückhaltung in der Fläche als auch besondere Anstrengungen zum Boden- und Erosionsschutz. Daher werden die klassischen landeskulturellen Maßnahmen der Flurbereinigung bzw. Flurneuordnung in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen.

Die Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum Gewässerschutz hängen eng miteinander zusammen und lassen sich nur in einem ganzheitlichen Ansatz wirkungsvoll planen und umsetzen. Dies gilt nicht nur für die Flurbereinigungsverfahren klassischer Zielstellung zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingung in der Landwirtschaft, sondern auch für die sog. Flächenverfahren zur Eigentumsregelung in den neuen Ländern sowie die Landentwicklungsverfahren zur Lösung von Landnutzungskonflikten und gleichzeitigen Ermöglichung von Planungen Dritter. Gerade das mit der zweiten Novelle des Flurbereinigungsgesetzes im Jahr 1994 eingeführte vereinfachte Flurbereinigungsverfahren zur Landentwicklung ist besonders geeignet, auch wasserwirtschaftliche Planungen und Vorhaben zum Gewässerschutz eigentums- und nutzungsverträglich umzusetzen, worauf in den Fachvorträgen nachdrücklich hingewiesen wurde.

In seinem Einführungs- und Leitvortrag zur Tagung stellte Herr Prof. Dr. Martin Grambow eindrucksvoll die aktuellen Herausforderungen in der Gewässerbewirtschaftung dar und erläuterte, dass ein Systemwechsel notwendig ist, um in Zukunft das Wasser vermehrt in der Landschaft zu halten. Hierauf aufbauend erläuterte Herr Christoph Linnenweber moderne Methoden der Gewässerentwicklung und verdeutlichte deren Umsetzung an der Aktion Blau + in Rheinland-Pfalz. Dabei kam deutlich zum Ausdruck, dass dem Faktor Fläche eine entscheidende Rolle beim Gewässerschutz und bei der Renaturierung der Fließgewässer zukommt. Dies vertieften die anschließenden Vorträge von Frau Kim Nobis, Herrn Thomas Mitschang und Frau Mirke Qareti, die aus diesem Grund bewusst mit dem Schlagwort „Auf die Fläche kommt´s an …“ überschrieben waren.

Während am ersten Tag eher grundsätzliche Strategien vorgestellt und diskutiert wurden, ging es am zweiten Tag vor allem um konkrete Maßnahmen und Best-Practice-Beispiele, gerade auch aus der ländlichen Bodenordnung.

Herr Dr. Harald Hoppe, Vorsitzender der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Landentwicklung (Arge Landentwicklung), stellte in seinem einführenden Vortrag die aktuellen Herausforderungen in der ländlichen Entwicklung dar. Dies fand eine besonderes Interesse, weil erst Mitte des Jahres 2022 die alten, aus dem Jahr 2011 stammenden „Leitlinien Landentwicklung – Zukunft im ländlichen Raum gemeinsam gestalten“ als Orientierungsrahmen zur nachhaltigen Entwicklung der ländlichen Räume neu gefasst und der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Darin spielt natürlich auch die Klimaanpassung und der Gewässerschutz eine wichtige Rolle.

Diese Forderung ergibt sich auch aus den Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, deren Zielsetzungen zum Gewässerschutz absehbar auch im angesetzten dritten Bewirtschaftungszyklus bis 2027 nicht vollständig erreicht sein werden, wie Herr Stephan Naumann in seinem Referat unter Bezugnahmen auf die umfangreichen Daten des Umweltbundesamtes nachdrücklich aufzeigte. Die weiteren Vorträge stellten nach dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“ die Instrumente der Landentwicklung zur Flächenbereitstellung für Gewässerentwicklungskorridore in den Fokus der Betrachtungen. Neben bundesweit erfolgreichen Beispielen wurden dabei auch Hemmnisse und Lösungsstrategien intensiv diskutiert.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Tagung ihrem Anspruch voll und ganz gerecht wurde und wichtige Impulse für den dringend notwendigen Fließgewässerschutz gegeben hat. Sie bot ein nachhaltig wirkendes Forum für den Austausch von Wissenschaft und Praxis sowie das gegenseitige Lernen voneinander.